Ciao!
Heute also endlich mein Bericht zu Neapel! Letzte
Woche habe ich ein paar Tage in dieser trubeligen, unglaublich lebendigen Stadt
voller Geschichte, Spiritualität und frischer Wäsche in den Fenstern verbracht.
Ich muss gestehen: Die Faszination für Neapel
hat mich erst auf den zweiten Blick gepackt. Wenn man von Rom nach Neapel
kommt, dann erscheint alles zunächst einmal weniger großzügig und
beeindruckend. (Und viele Leute sind gruselig angezogen :D) Und es stimmt, Rom und Neapel lassen sich nicht vergleichen.
Doch Neapel hat mich auf den zweiten Blick fast noch ein wenig mehr fasziniert.
Eines der wunderbarsten Dinge, das sich in
Neapel ganz von allein ergibt, ist es, sich zu verlaufen. Ich rühme mich
normalerweise mit einem ziemlich
guten Orientierungssinn, aber Neapel ist wohl eine Nummer zu groß für mich. Man
ist der festen Überzeugung, man habe nur drei Schritte geradeaus getan und
stellt fest, dass man 25 Kringel gelaufen und in einem anderen Teil der Stadt
gelandet ist. Durch diese Kringel hat man dann allerdings auch urige, geschlängelte
Straßenzüge entdeckt, in denen kiloweise frische Wäsche zwischen den Fenstern
gespannt hängt, ist mitten in das Straßenfußballturnier kleiner Jungs
gelaufen oder konnte durch die kleinen Fenster im Erdgeschoss einen kurzen Blick
in die Wohnungen und das Leben im Spanischen Viertel erhaschen.
Während ich mich am ersten Tag einfach ein bisschen durch die Straßen treiben ließ, habe ich mich tags drauf zu einer Free Walking Tour entschieden. Und ich muss sagen: Eine meiner besten Entscheidungen auf meiner bisherigen Reise! Mario, unser Guide, hat es in zwei Stunden geschafft, uns die Liebe der Menschen für ihre Stadt und ihre napolitanischen Eigenheiten ein wenig näher zu bringen und war dabei so erfolgreich, dass danach alle ganz verschossen in Neapel waren. Geholfen hat dabei sicher auch der kulinarische Zwischenstopp bei Fernanda, einer älteren Dame, die im Spanischen Viertel die traditionelle „Pizza Fritta“ in einer winzigen Küche gegenüber ihrer Wohnung zu bereitet.
Mario erklärt uns bei Fernanda (VIA SPERANZELLA) die Geheimnisse des Spanischen Viertels.
Pizza Fritta!!
Neapel ist eine Stadt vieler, vieler paralleler Welten. Das Spannende dabei ist, dass sie wortwörtlich übereinander geschichtet sind. Das Material der Häuser, Tufo, im alten Teil Neapels ist zum Beispiel aus dem Boden darunter geholt worden, weshalb sich im Untergrund nun quasi eine komplette unterirdische Stadt aus Hohlräumen befindet. Diese sind zum Teil zu besichtigen, ansonsten aber gefüllt mit Müll oder wurden von der Mafia als Lager benutzt. Hier sind wir dann auch beim leidigen Thema: Dreck und Kriminalität. Viele Touristen, hat man mir inzwischen erzählt, meiden Neapel aus diesen Gründen. Und ja, diese Vorurteile sind durchaus begründet und für die Bewohner eine ernste Angelegenheit – als reiner Besucher Neapels bekommt man davon allerdings nicht viel mit. Statt fernzubleiben, entscheide ich mich also lieber dafür, den positiven Seiten der Menschen und des Lebens hier ein offenes Ohr und ein waches Auge zu schenken und lausche weiter den Geschichten, wie man sich auch über die Dächer Neapels fortbewegen und Freunden in anderen Häusern Hallo sagen kann.
Aufwändige Häuserfassaden sieht man in Neapel selten - die Straßen im Centro Storico sind viel zu eng dafür. Wert legte man deshalb immer auf imposante Türen und wunderschöne Innenhöfe. Die Schönheit Neapels liegt im Verborgenen. Ein Tipp unseres Guides Mario: Trotzdem gucken. Wenn irgendwo eine Tür offen steht, einfach reinhüpfen. "Better to say sorry than to ask for permission!"
Ich habe es bisher leider noch nicht nach New
Orleans geschafft, aber ich glaube, Neapel ist das New Orleans Europas. Tierisch musikalisch, unglaublich emotional und sehr spirituell. Wahrscheinlich rührt dies von den vielen Einflüssen
unterschiedlicher Herrschaftsperioden her, innerhalb derer die Menschen ihren
eigenen Zugang zu den Dingen gesucht haben. Und zuletzt, vielleicht ist es auch
das: Neapel ist ebenso wie New Orleans den Gefahren der Natur in besonderem Maße ausgesetzt.
Denn der Vesuv, um dessen Krater ich so friedlich herummarschiert bin (Bericht folgt!), ist noch immer
aktiv und wird sich höchstwahrscheinlich in den nächsten hundert Jahren bei den
Bewohnern lautstark melden. Bis es soweit ist, zucken die aber nur mit den
Schultern, beißen in ihre Pizza Fritta und genießen das Leben.
A presto!
Rieke
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