Freitag, 1. Mai 2015

Ein Tag im Schatten des Vulkans



Ciao ihr Lieben!

Meistens sind Touristenattraktionen ja irgendwie furchtbar. Ich versuche oft, alles ein bisschen anders anzugehen, mich nicht sofort irgendeiner Tour anzuschließen oder auch mal Umwege zu machen, um die wichtigen, aber auch die weniger bekannten Dinge zu sehen. Manchmal geht’s dann aber auch nicht anders. Zum Beispiel wenn man vorhat, den Vesuv und Pompeji an einem Tag zu besichtigen. Dann kann man eben nicht ganz in Ruhe – und umsonst - den gesamten Vulkan heraufstapfen. Dann muss man eben in den sauren Apfel beißen und mit dem Touribus vorfahren. Mein Fazit: Manchmal ist es ok, die Groschen für ein bisschen Convenience rauszuhauen. Nerven tut es dann aber doch, dass andere die Pläne für einen machen.

Ich habe mich also noch von Neapel aufgemacht, um zunächst den Vesuv und dann Pompeji zu besichtigen. Eigentlich wollte ich morgens zum Startschuss in den Wanderschuhen stecken und die Bimmelbahn stadtauswärts nehmen, aber...nun ja, ich hab dann irgendwie doch Urlaub und ziemlich herumgetrödelt. Frühstücken, duschen, Sachen einpacken, noch mal Emails checken, 15 Minuten einfach da so herumsitzen – Leben braucht manchmal eben so seine Zeit.  Irgendwann saß ich dann aber doch mit all den anderen rucksackbepackten Kulturfreudigen im Sonderzug nach Pankow Bummelzug nach Pompeji.

Meistens sind ja nicht nur Touristenattraktionen sondern auch die Touristen irgendwie furchtbar. Besonders diejenigen, die aus dem eigenen Land kommen. Es ist schon interessant, wie sehr einen die eigenen Landsleute besonders aufregen können. Vielleicht weil man sich selbst auf einmal auf sehr seltsame Weise in einem fremden Kontext von außen betrachtet. Und man sich Dinge fragt wie: Warum haben Deutsche, die in Warteschlangen vor Museen stehen, eigentlich selten andere Gesprächsthemen als die Länge der Schlange, die Beurteilung des bisherigen Vorankommens in derselbigen und die Aufstellung von Prognosen, wie lange man noch dort anstehen werde? Bei den Franzosen habe ich um einiges Philosophischeres belauschen können. Vielleicht ist die Evaluation der eigenen Wartesituation aber auch eine deutsche Art der philosophischen Betrachtung des eigenen Seinszustandes. Vielleicht sind wir Deutschen aber auch einfach echt lahm.

Doch zurück zum Thema, ich will ja hier auch einen informativen Bericht abliefern. Und so. Ich habe also, um es kurz zu machen, ein bisschen die Faust in der Tasche gemacht und ein bis zwölf Euronen gezahlt, um einen Minibus bis zum Wanderwegeingang des Vesuvs zu nehmen. Das wäre bei der Strecke auch alles sein Geld wert gewesen, wenn der Fahrer uns nicht eine genaue Abfahrtszeit gegeben hätte, die tendenziell eher für Kurzstreckenolympioniken berechnet wurde. Das habe ich aber erst gemerkt, als ich oben auf dem Vesuv angekommen war und – ich gebe es zu – bei dem Wahnsinnsausblick den Blick auf meine Uhr vielleicht nicht mehr so hinbekommen habe. Hinunter bin ich dann gejoggt. Für mich immerhin weniger schnappatmungauslösend als für das ältere Ehepaar aus meinem Bus, das wohl auch zu lang in die Weite gestarrt hat. Der Ausblick ist nämlich wirklich scharf. Der Vulkankrater an sich ist natürlich genauso beeindruckend, das aber vor allem durch seine Dimension. Man braucht schon viel Vorstellungskraft, um sich auszumalen, dass dieses große dreckige Loch (das auch eine Kiesgrube in Erftstadt-Erp sein könnte) tatsächlich unter seiner Oberfläche noch ordentlich brodelt. Mit ein bisschen Augenzwinkern ziehe ich deshalb mein Fazit zum Vesuv: Drecksloch mit Aussicht. Aber mit was für einer!





Nächste Station: Pompeji. Und ich glaube, andere Touristen haben mich an keinem Ort weniger gestört als dort. Denn Pompeji ist gigantisch. So riesig, dass sich sofort alles verläuft und man viele Straßen nahezu allein bewandern kann. Und herumzuwandern und selbst zu entdecken, das ist in Pompeji eine wunderbare Sache. Ich will gar nicht zu viele Einzelheiten loswerden, aber es ist schon beeindruckend zu sehen, in welchen Ausmaßen und in welcher Modernität die Menschen hier damals lebten. Die langen Straßenzüge, die dich Richtung Horizont tragen, die detaillierten Mosaikbilder oder Malereien, die hier und dort noch zu sehen sind, die Überbleibsel von „Street Food“- Geschäften und Theatern – all das hat mich beinahe mehr fasziniert als die Abgüsse der verschütteten Bewohner Pompejis. Pompeji ist ein Ort, in dem man sich auf wunderbare Weise verlieren kann. Man sagt, man soll etwa 3 bis 4 Stunden für den Besuch einplanen. Ich glaube, ich habe gute 5 Stunden dort verbracht und war eine der letzten, die das Gelände verlassen hat. Einfach wunderbar.





Ein sehr subtiler Hinweis im Straßenpflaster auf den nächstgelegenen Puff

Eine Führung habe ich übrigens nicht gemacht. Mein Tipp: Ladet Euch für Euren Besuch einen Podcast herunter oder eine App oder wie auch immer und lasst euch bei euren Streifzügen so berieseln. So bekommt man auch einen ganzen Haufen Informationen und einen ungefähren Anhaltspunkt für den Spazierweg, aber bleibt unabhängig. Pause, Rückspulen, Vorspulen, Weiter. Tippi Toppi.

Abends habe ich dann wieder gemerkt: Inzwischen habe ich mich so an mein Leben in Berlin gewöhnt, dass es für mich ganz normal ist, an jedem Wochentag überall alles bekommen zu können. Ich hatte bei all den Eindrücken des Tages vergessen, dass ich auch etwas essen sollte. Und dass die Beschaffung von Essbarem an einem Sonntagabend durchaus problematisch werden könnte. Ein großes Danke sende ich deshalb an mein wunderbares Hostel in Neapel (La Controra), denn: ABENDPROGRAMM! Zur italienischen Komödie auf der Leinwand im Garten des Hostels gab es Happy Hour mit Getränk von der Bar und PASTA PASTA PASTA!

Und so endete der Abend mit einem beginnendem Muskelkater des Todes, einem vollen Bauch, einem lustigen Kopf und viel Vorfreude auf die nächste Station: Die Amalfiküste! Was ich dort so getrieben habe, erzähle ich euch dann beim nächsten Mal.


A presto!


Rieke


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen