Ciao ihr Lieben!
Meistens sind Touristenattraktionen ja irgendwie furchtbar.
Ich versuche oft, alles ein bisschen anders anzugehen, mich nicht sofort
irgendeiner Tour anzuschließen oder auch mal Umwege zu machen, um die
wichtigen, aber auch die weniger bekannten Dinge zu sehen. Manchmal geht’s dann
aber auch nicht anders. Zum Beispiel wenn man vorhat, den Vesuv und Pompeji an
einem Tag zu besichtigen. Dann kann man eben nicht ganz in Ruhe – und umsonst - den
gesamten Vulkan heraufstapfen. Dann muss man eben in den sauren Apfel beißen und
mit dem Touribus vorfahren. Mein Fazit: Manchmal ist es ok, die Groschen für
ein bisschen Convenience rauszuhauen. Nerven tut es dann aber doch, dass andere
die Pläne für einen machen.
Ich habe mich also noch von Neapel aufgemacht, um zunächst
den Vesuv und dann Pompeji zu besichtigen. Eigentlich wollte ich morgens zum
Startschuss in den Wanderschuhen stecken und die Bimmelbahn stadtauswärts
nehmen, aber...nun ja, ich hab dann irgendwie doch Urlaub und ziemlich
herumgetrödelt. Frühstücken, duschen, Sachen einpacken, noch mal Emails checken,
15 Minuten einfach da so herumsitzen – Leben braucht manchmal eben so seine
Zeit. Irgendwann saß ich dann aber
doch mit all den anderen rucksackbepackten Kulturfreudigen im Sonderzug nach
Pankow Bummelzug nach Pompeji.
Meistens sind ja nicht nur Touristenattraktionen sondern
auch die Touristen irgendwie furchtbar. Besonders diejenigen, die aus dem
eigenen Land kommen. Es ist schon interessant, wie sehr einen die eigenen
Landsleute besonders aufregen können. Vielleicht weil man sich selbst auf
einmal auf sehr seltsame Weise in einem fremden Kontext von außen betrachtet.
Und man sich Dinge fragt wie: Warum haben Deutsche, die in Warteschlangen vor
Museen stehen, eigentlich selten andere Gesprächsthemen als die Länge der
Schlange, die Beurteilung des bisherigen Vorankommens in derselbigen und die
Aufstellung von Prognosen, wie lange man noch dort anstehen werde? Bei den
Franzosen habe ich um einiges Philosophischeres belauschen können. Vielleicht
ist die Evaluation der eigenen Wartesituation aber auch eine deutsche Art der
philosophischen Betrachtung des eigenen Seinszustandes. Vielleicht sind wir
Deutschen aber auch einfach echt lahm.
Doch zurück zum Thema, ich will ja hier auch einen
informativen Bericht abliefern. Und so. Ich habe also, um es kurz zu machen,
ein bisschen die Faust in der Tasche gemacht und ein bis zwölf Euronen gezahlt, um
einen Minibus bis zum Wanderwegeingang des Vesuvs zu nehmen. Das wäre bei der
Strecke auch alles sein Geld wert gewesen, wenn der Fahrer uns nicht eine
genaue Abfahrtszeit gegeben hätte, die tendenziell eher für
Kurzstreckenolympioniken berechnet wurde. Das habe ich aber erst gemerkt, als
ich oben auf dem Vesuv angekommen war und – ich gebe es zu – bei dem
Wahnsinnsausblick den Blick auf meine Uhr vielleicht nicht mehr so hinbekommen
habe. Hinunter bin ich dann gejoggt. Für mich immerhin weniger schnappatmungauslösend als für das ältere Ehepaar aus meinem Bus, das wohl auch zu lang in
die Weite gestarrt hat. Der Ausblick ist nämlich wirklich scharf. Der
Vulkankrater an sich ist natürlich genauso beeindruckend, das aber vor allem
durch seine Dimension. Man braucht schon viel Vorstellungskraft, um sich
auszumalen, dass dieses große dreckige Loch (das auch eine Kiesgrube in Erftstadt-Erp
sein könnte) tatsächlich unter seiner Oberfläche noch ordentlich brodelt. Mit
ein bisschen Augenzwinkern ziehe ich deshalb mein Fazit zum Vesuv: Drecksloch
mit Aussicht. Aber mit was für einer!
Nächste Station: Pompeji. Und ich glaube, andere Touristen
haben mich an keinem Ort weniger gestört als dort. Denn Pompeji ist gigantisch.
So riesig, dass sich sofort alles verläuft und man viele Straßen nahezu allein
bewandern kann. Und herumzuwandern und selbst zu entdecken, das ist in Pompeji
eine wunderbare Sache. Ich will gar nicht zu viele Einzelheiten loswerden, aber
es ist schon beeindruckend zu sehen, in welchen Ausmaßen und in welcher
Modernität die Menschen hier damals lebten. Die langen Straßenzüge, die dich
Richtung Horizont tragen, die detaillierten Mosaikbilder oder Malereien, die
hier und dort noch zu sehen sind, die Überbleibsel von „Street Food“-
Geschäften und Theatern – all das hat mich beinahe mehr fasziniert als die
Abgüsse der verschütteten Bewohner Pompejis. Pompeji ist ein Ort, in dem man
sich auf wunderbare Weise verlieren kann. Man sagt, man soll etwa 3 bis 4
Stunden für den Besuch einplanen. Ich glaube, ich habe gute 5 Stunden dort
verbracht und war eine der letzten, die das Gelände verlassen hat. Einfach
wunderbar.
Ein sehr subtiler Hinweis im Straßenpflaster auf den nächstgelegenen Puff
Eine Führung habe ich übrigens nicht gemacht. Mein Tipp:
Ladet Euch für Euren Besuch einen Podcast herunter oder eine App oder wie auch
immer und lasst euch bei euren Streifzügen so berieseln. So bekommt man auch
einen ganzen Haufen Informationen und einen ungefähren Anhaltspunkt für den
Spazierweg, aber bleibt unabhängig. Pause, Rückspulen, Vorspulen, Weiter. Tippi
Toppi.
Abends habe ich dann wieder
gemerkt: Inzwischen habe ich mich so an mein Leben in Berlin gewöhnt, dass es
für mich ganz normal ist, an jedem Wochentag überall alles bekommen zu können.
Ich hatte bei all den Eindrücken des Tages vergessen, dass ich auch etwas essen
sollte. Und dass die Beschaffung von Essbarem an einem Sonntagabend durchaus
problematisch werden könnte. Ein großes Danke sende ich deshalb an mein
wunderbares Hostel in Neapel (La Controra), denn: ABENDPROGRAMM! Zur
italienischen Komödie auf der Leinwand im Garten des Hostels gab es Happy Hour
mit Getränk von der Bar und PASTA PASTA PASTA!
Und so endete der Abend mit einem beginnendem
Muskelkater des Todes, einem vollen Bauch, einem lustigen Kopf und viel Vorfreude auf die
nächste Station: Die Amalfiküste! Was ich dort so getrieben habe, erzähle ich
euch dann beim nächsten Mal.
A presto!
Rieke