Ciao Ihr Lieben!
Siracusa hatte ein wenig Pech mit mir. Denn so ganz zufrieden war ich mit ihr besonders zu Anfang so gar nicht. Nach dem beschaulichen Taormina war Siracusa meine nächste Station gewesen und der
Wechsel in eine größere Stadt erst einmal wieder eine Umstellung. Zudem war ich nach einigen Wochen des Reisens an dem Punkt angelangt, an dem ich ganz furchtbar damit leben konnte, keine Aufgabe zu haben. Die Grundentspannung war inzwischen eingetreten, aber es kam mir auf einmal komisch vor, in welcher Situation ich mich befand. Mir einfach nur tagein tagaus Dinge anzusehen, aber selbst nichts zu produzieren. Meistens fangen die Menschen in der Umgebung dieses Gefühl ganz schnell wieder auf, aber auch meine Unterkunft konnte dazu nicht so recht beitragen. Das Hostel in Siracusa war neu, modern und insgesamt
ordentlich. Und auch die Leute waren hilfsbereit. Aber es herrschte eine ziemlich unpersönliche Atmosphäre. Ein wenig unterkühlt das Ganze. Überhaupt habe ich
inzwischen festgestellt, das große Hostels nichts für mich sind. Je größer das
Hostel, umso mehr Platz wird den Bewohnern gegeben, sich aus dem Weg zu gehen.
Die besten Tage hatte ich bisher in kleinen Unterkünften, wo man sich
automatisch kennenlernt, weil man keine andere Wahl hat, als von der Dynamik, die
sich aus der Kombination der Anwesenden zwangsläufig ergibt, mitgezogen zu
werden.
Siracusa hatte also einen schweren Stand bei mir. Die Altstadt Ortigia ist ein
wunderschöner Fleck Siziliens mit teils beeindruckender barocker Architektur, süßen Gässchen, lebendigen Märkten und
charmanten Geschäften. Auch das archäologische Gelände am anderen Ende der
Stadt hätte mich noch mehr begeistern müssen mit dem Ohr des Dionysus – einer Höhle,
geformt wie ein Hörgang mit fantastischer Akustik. Aber irgendwie hatte ich
überall das Gefühl, all das schon einmal gesehen zu haben. Nur in schöner oder
imposanter oder sonst wie spannender. Erst nach einer kleinen Weile hab ich mich
dann mit meinen eigenen Launen versöhnen können. Geholfen hat die Entdeckung
eines kleinen Felsausläufers an der Küste. Beim Abendspaziergang entdeckte ich
den Übergang zu den Felsen, an denen sich gerade die Brandung überschlug. Nur
ein paar vereinzelte Leute saßen dort. Ich suchte mir einen Vorsprung und habe
auf das Wasser gestarrt, zugeschaut wie die Wellen an den Felsen brachen und
beobachtet, wie mir fast ein wenig mulmig zumute wurde bei dem Anblick. Als
könnte mich das Meer jeden Augenblick verschlucken.
Ich bin sitzen geblieben.
Und habe gestarrt. Und nach einer kleinen Weile war ich mit der Stadt versöhnt.
Als ich zurück in die Altstadt kam, sah ich auf einmal wieder die schönen
kleinen Straßenzüge, die gemütlichen Trattorien, das Abendlicht auf der Piazza.
Siracusa sieht mich auf meiner nächsten Sizilienreise ganz sicher wieder. Denn so eine Stadt hat ganz dringend eine zweite Chance verdient:
A presto!
Rieke
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